Boualem Sansal – 2084 Das Ende der Welt

Freitag, 3. Mai 2019 | von

Welch seltsame Wege manche Wahrheiten gehen. Boualem Sansal, der bedeutendste Schriftsteller Algeriens, wird mit seinem epochalen Roman „2084: Das Ende der Welt“ aus der Stadtbibliothek Paderborn ausgemustert (und landet dann über die Amazon-Verkäuferplattform bei mir).

Die Menschen in Algier kämpfen im März des Jahres 2019 um Freiheit, und im fernen Deutschland wird der Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels missachtet. (Dass es auch anders geht, zeigt dieses Gespräch des Ex-Badners Stefan Brändle in der Frankfurter Rundschau. www.fr.de/kultur/demonstranten-duerfen-jetzt-nicht-troedeln-11874404.html

Nun machen Menschen Fehler und das ist ok, es gehört zum Lernen, zum Werden und Wachsen. Allerdings erlebe ich öfters seltsame Verhaltensweisen von Verwaltungen der öffentlichen Hand. Vielleicht landen die Mail ja automatisch im Spamordner. In dem Fall empfehle ich eine Routineüberprüfung dieses Ordners. Andernfalls sollten sich Verwaltungen zu einem offeneren Bürgerdialog entscheiden. Die Zeiten des Obrigkeitsstaates sind vorbei, und was in den gut funktionierenden Bürgerbüros der Rathäuser funktioniert, sollte auch in anderen Abteilungen möglich sein.

Den Kopf in den Sand stecken und so zu tun, als hätte man diese Bürgermeinung nicht erhalten, ist für beide Seiten unbefriedigend. Aus der Psychoanalyse wissen wir, das das Verdrängte wiederkehrt. In Paderborn vielleicht in der Person eines Algeriers, der vor dem Regime in Algerien geflohen ist. (Ich habe, nebenbei bemerkt, der Stadtbibliothek eine Erinnerung gesandt – auch diese blieb ohne Erwiderung.)

Dieter Emil Baumert
3. Mai 2019

 

An die Stadtbibliothek Paderborn

Sehr geehrte Damen und Herren:

Dank Ihnen bin ich zu einem günstigen Exemplar von Boualem Sansal – 2084 Das Ende der Welt, Merlin-Verlag gekommen. Dafür gebührt Ihnen Dank. Grazie mille.

Nun steckt allerdings hinter meinem Glück das Unglück der Leserinnen der Stadtbibliothek Paderborn. Denn sie werden in Zukunft nicht mehr auf diesen Roman zurückgreifen können. Der Roman in der deutschen Übersetzung von Vincent von Wroblesky in der vierten Ausgabe von 2016 war bei Ihnen unter Science Fiction S eingeordnet. Er wurde, dem Anschein nach, höchstens einmal gelesen. Am 13. November 2018 wurde er von Ihnen aus dem Bestand der Stadtbibliothek gelöscht.

Dieser Roman des Friedenspreisträgers des deutschen Buchhandels kann natürlich unter Science Fiction eingeordnet werden. Er stände dann neben dem großen Zukunftsroman der Menschheitsgeschichte – 1984 von George Orwell. Boualem Sansal schreibt in seiner Vorwarnung (Seite 7): „Die Welt von Bigaye, die ich auf diesen Seiten beschreibe, ist ein Werk reiner Erfindung, sie existiert nicht, und es gibt keinen Grund dafür, dass sei in Zukunft existieren wird, so wenig wie die von Meister Orwell vorgestellte Welt des Big Brother, von der er so wunderbar in seinem Weißbuch 1984 erzählt hat, zu seiner Zeit existierte, in unserer existiert und wirklich keinen Grund hat, in Zukunft zu existieren. Schlaft ruhig, brave Leute, alles ist völlig falsch und der Rest ist unter Kontrolle.“

Neben Orwell und Sansal sollten dann neben Michel Houellebecq (Unterwerfung) stehen, der Farm der Tiere (ebenfalls von Orwell), neben William Golding Herr der Fliegen, Douglas Adams – Per Anhalter durch die Galaxis, Magret Atwood – Der Report der Magd, Tom Coraghessan Boyle – Ein Freund der Erde, Ray Bradbury – Fahrenheit 451, Marion Zimmer Bradley – das Tor zum All, John Brunner – Der ganze Mensch und und und. Die große Lady des amerikanischen Science Fiction Ursula Leguin sollte in der Reihe nicht fehlen. Und natürlich auch einige Filme, neben 1984 nach Orwell, 2001 – Odyse im Weltall, Sylent Green gehört natürlich auch dazu, wie die großen Tv-Serien Raumschiff Enterprise und Orion.

In dieser Reihe der Zukunftsromane hätte sich Boualem Sansals 2084 sehr wohl gefühlt. Wünschen wir den Paderborner Lesern einen unverstellten Blick auf die Zukunft.

In diesem Sinne
Mit freundlichem Gruß
Dieter Emil Baumert