DEB, 7/1979

Das Leben ist eine Schiffschaukel

Dieter Emil Baumert, 21. März 1993

Nachtrag: Toni Eckert

Mein Leben
ist mein Hobby

Dank

Gebührt, wie immer, zuerst & zuletzt
Meiner grossen Lieben:
Daggi
Dann, in der Reihenfolge der Kopfeingabe:
Michael Vetter, dessen Lebensbilder
und dessen Lebensprospekt mich erfreut
haben, amüsiert
Reinhold Stricker, dessen Mutter tot ist – Montag 03.01. 10.53?
Elisabeth Alexander, deren
Beharrlichkeit im Anklopfen fremder
Türen mich beeindruckt hat,
Getty Sharp und ihrem Tanztheater
Beate, Gaby, Ingrid und all
diesen Frauen, die ich liebe, in meinem
Kopf, im Körper und ..
und Eric Satie (ich heisse,
wie jedermann, Eric Satie)

Dieter Emil Baumert. 25. August 1993

Das Leben ist eine Schiffschaukel

Vorschläge für
einen
Massagebetrieb,
der mehr produziert,
als geknetete Fleischberge

Strukturanalyse
Vorschläge für betriebliche Veränderungen

Der biedermaierische Eindruck sollte umgewandelt werden in einen Raum voller Helle, Güte und Erholung. Moderne Strukturelemente sind einzufügen und den Stil neuerer Zeiten ins Haus zu bringen.

Statt all dieser billigen Biedermaierdrucke, zwei, drei schöne, bunte Bilder, Ölbilder oder gute teure Drucke. Sie sollen die Weite zeigen, Offenheit vermitteln. An ihnen soll sich die Beobachterin erholen, hier kann sie Kraft schöpfen, aus der lauten, lärmigen Warenwelt für einen Moment der Stille sich erholen.

Blumen sind der Ausdruck der Lebensfreude, der Fülle der Natur. All der Reichtum dieser Erde kommt in ihnen zum Ausdruck. Hier ist Werden und Vergehen symbolisiert, hier blühts und gedeihts. Deswegen sollte ein Empfangsraum immer frische Blumen der Jahreszeit enthalten. Ihr Duft erinnert den Städter daran, dass es wichtig ist, auf seine Mitwelt zu achten, sie zu pflegen, achtsam mit ihr umzugehen. Der Duft der Blume, wie ihre Farben, die Form der Stängel mobilisiert die eigene Heilkraft des Patienten. Auf sie zu verzichten, wäre nachlässig, fahrlässig.

Die Räume sollten sauber sein, Fettfinger und Dreckablagerungen in Schirmständern sollte wöchentlich ein Putzmann beseitigen.

Grünpflanzen sind wichtig für das Raumklima. Sie sollten gross und grün sein, gut gepflegt werden und in schönen Übertöpfen leben.

Musik ist der Balsam der Seele. Auf ihren Klängen singt Herz, Hirn und Kehlkopf. Sie darf nicht degradiert werden zur schäbigen Hintergrundsmusik der Verkäufer, wo der Nachrichtensprecher nur dazu da ist, die Sinne für eigene Wahrnehmungen zu verstopfen. Eine
Musikanlage, die heutigen klanglichen Ansprüchen entspricht (ein Jahresabo der ZEIT inclusive Anlage kostet DM 300,00) sollte Musik unserer Zeit spielen, die nicht den Eindruck vermittelt, man wäre in einem Waschsalon, einer Frisörstube oder an einer Frittenbude.

Die Welt der Waren ist voller Werbung, sie schreit und macht auf sich aufmerksam. Ein Ort der Heilung und eine Massagepraxis hat ein solcher zu sein, verträgt diesen Lärm nicht. Hier will der Kunde weder eine Werbung an der Wand sehen, noch als Konsument angesprochen werden. Hier will er nicht auch noch kaufen müssen.

Hierher kommt er, weil er als Mensch mit seinem Körper leidet, weil er Entspannung sucht, Momente der Erholung, ab und an auch den Austausch mit den Anderen. Der Mensch ist ein soziales Wesen und als solches darauf angewiesen, Treffpunkte wie diesen zu benutzen. Hier wird der Masseur zum Zuhörer, zum Mitbürger, zum geistigen Seelsorger.

Der Massagesalon, die Massagepraxis ist kein Werbeständer. Hier hat nur eine dezente Werbung in eigener Sache Platz – Visitenkarten auf einem Tisch – that’s all. Religion ist Privatsache.

Eine Massagepraxis ist eine Ort der Heilung. Hier will der Mensch nicht abgefertigt werden, wie im Supermarkt, hier will er keine Abfertigung wie an der Mautstation an der Autobahn. Hier will er nicht, dass der Masseur bei jedem telefonklingeln davonläuft, hier will er nicht zwischen Tür und Angel abgefertigt werden, nicht zwischen Fango und Termingebung nachlässig befingert werden. Das kneten des Fleisches ist als Teil körperlicher Übungen angebracht. Soll aber der Mensch lernen, seine eigenen Heilungspotentiale zu mobilisieren, dann muss die Massagepraxis diesen Raum auch geben. Dann muss der Masseur sich langsam auf den Patienten einstellen, das Gegenüber erfühlen und dann, im so hergestellten Raum der Reinkarnation der lebenswerten Gefühle, den Weg des Schmerzes zu gehen, die Ursachen des eigenen Unheils zu folgen, um so im partnerschaftlichen Miteinander von Patient und Masseur Heilung zu
schaffen, Stück für Stück, Partikel für Partikel eigene Schmerzensschlacke von sich zu werfen, abzuwerfen, werft ab, all Eure Mühsal.

Dann macht die Qualität die Kohle, Masse verdichtet sich, Leben wird lebenswert.