Wo ich bin, ist die Avantgarde
Freund – Feind – Parteifreund
Wie Lörrachs Kreisgrüne die Vergangenheit entsorgen
Kommentar von Dieter Emil Baumert
Es scheint eine Gesetzmäßigkeit zu sein: die Vereisung der Gefühle und des Denkens beginnend vom Freund, aber längst nicht endend beim Feind, denn schließlich gibt es in Parteien noch das Schlimmere: den Parteifreund. Konnte man mit Zille einst sagen, dass Menschen einen Menschen auch mit einer Wohnung genauso totschlagen kann, wie mit einer Axt, dann kann der Beobachter der Grünen Lörrach heute sagen, dass man einen grünen Parteigründer auch mit einem Kreisrundbrief totschlagen kann und, um wieder mit Zille zu enden: „es dauert nur etwas länger“.
Na ja, vielleicht ist der Tobak ein bisschen zu stark, wo doch fast nirgendwo mehr geraucht werden darf (dabei gingen unsere 1848-Helden auch dereinst auf die Barrikaden, damit der Buerger auf der Strasse rauchen darf). Schließlich wird hier niemand tot geschlagen, wie es „Väterchen Stalin“ dereinst im fernen Mexiko mit dem Eispickel auf Trotzkis Kopf machen ließ oder zuhaus im frostigen Russland millionenfach gegen eigene Partei“feinde“.
Hier wird nur einem der Parteigründer der Kreisgrünen von Lörrach, nach fast dreißig Jahren aktiven Parteilebens, der Mindestrespekt verwehrt, indem die grünen Moralwächter Conrad Heinrich Bauers „letzte Worte“ den Mitgliedern der GRÜNEN im Lörracher Kreisrundbrief vorenthalten wollen. Alles andere als souverän ist solches Handeln – es ist schäbig.
Dem Gründer der Lörracher Grünen, der die Satzung dereinst selbst mitgestaltet hat, rufe ich allerdings in Erinnerung, dass ein gewesenes Mitglied keinerlei Rechte mehr hat. Auch keines mehr, das Parteischiedsgericht anzurufen. Es ist bei Parteien so wie in der römisch-katholischen Kirche oder beim Militär: sie urteilen nach ihren eigenen Regeln, aber nur für Angehörige der eigenen Zunft. Conrad Heinrich Bauer ist seit 25. März 2009 nicht mehr Mitglied der Zunft der Grünen. Daran erinnert die grüne „Kollegin“ Kreisgeschäftsführerin und ihr Vorstand deutlich – Savanarola lässt grüßen.
20. April 2009
Conrad Bauer
15. April 2009 04:53:17 MESZ
An Ingrid Pross
Betreff: Fw: CONRAD BAUER Parteiaustritt
25. März 09
Hallo Ingrid,
Vielen Dank für den Vorstandsbrief. Bitte teile mir doch noch mit, wann der nächste Kreisrundbrief erscheint und ob meine „Gedanken zum Abschied“ dort erscheinen und ich ein Belegexemplar per Post bekomme.
Wie gesagt, ich möchte mich gerne mit diesem Papier nach 30 Jahren von den Mitgliedern verabschieden.
Mit herzlichem Gruss und Dank, Conny
Kreisbüro B90/GRÜNE KV Lörrach
To Conny Bauer
Sent: Thursday, April 16, 2009 9:40 AM
Subject: KRB
Lieber Conny,
der Vorstand hat beschlossen, deinen Austritt im KRB zu vermelden, aber nicht deinen Text abzudrucken. Selbstverständlich schicke ich dir diesen KRB per Post.
Lass es dir gut gehen, mit kollegialen Grüßen, Ingrid
Lieber Josha, Sehr geehrter Kreisvorstand der Grünen Lörrach, EINSPRUCH GEGEN ZENSUR DES VORSTANDS
Heute bekomme ich von Ingrid mitgeteilt, dass der Kreisvorstand beschlossen hat, meine „Gedanken zum Abschied“, mit denen ich mich nach 30 Jahren Einsatz für die Partei der Grünen von den Mitgliedern verabschieden wollte, nicht zum Abdruck im Kreisrundbrief zuzulassen.
Nun werden Ingrid und Margret, denen ich diese Zeilen ebenfalls zukommen lasse und Du selbst sich ja daran erinnern, dass der Kreisrundbrief von Kreisgeschäftsführer Dieter Baumert ins Leben gerufen wurde und unbestritten bis auf den heutigen Tag kein Organ des Vorstands, sondern ein Mitgliederorgan war und ist, in dem basisdemokratisch die Gelegenheit für Mitglieder geboten wird, ihre freie und unzensierte Meinung zu äußern und im Kreisrundbrief zu veröffentlichen.
Selbstverständlich bleibt es dem Kreisvorstand unbenommen, meine Gedanken in einem eigenen Artikel zu kommentieren und zum Ausdruck zu bringen, dass dieser Text nicht die Meinung des Kreisvorstands darstellt. Gegen diese Zensurmaßnahme, die zudem noch ohne jegliche Begründung vollzogen, erhebe ich EINSPRUCH und bitte um Rücknahme des Beschlusses sowie grünes Licht für eine Veröffentlichung.
Falls der Vorstand bei seinem unbegründeten Beschluss bleiben sollte, stelle ich den Antrag, diese Zensurmaßnahme durch das gewählte grüne Schiedsgereicht überprüfen zu lassen.
Lieber Josha, liebe Margret, liebe Ingrid, ich hoffe, ihr seid mit mir einer Meinung, dass Grüne Politik und Basisdemokratie sich nicht mit Zensurbeschlüssen eines Kreisvorstands vereinbaren lässt. Das hat alles auch ein bisschen mit Menschlichkeit und Solidarität
im Umgang mit langjährigen Mitstreitern zu tun und damit, dass mein Papier ja auch einen Beitrag zur Geschichte und zur Erinnerung an 30 jährige politische Aktivitäten im Grünen Kreisverband darstellt.
Ich denke, mit ein bisschen gutem Willen kann diese Angelegenheit ein versöhnliches Ende finden.
Bis dahin mit herzlichem Gruß,
Conny
So berichten die Grünen in ihrem Kreisrundbrief:
Conny Bauer verlässt die GRÜNEN
Conny Bauer hat nach fast 30jähriger Mitgliedschaft die Grünen verlassen. Conny war Gründungsmitglied, von 1980 bis 2004 Stadtrat und lange Jahre Kreisrat. Er hat viel bewegt, wofür wir Anerkennung und Dank aussprechen. Nun hat er neue Freunde bei der FDP gefunden, bei denen er seine Ideen besser aufgehoben sieht.
Wir wünschen ihm alles Gute!
Der Kreisvorstand
Quelle: http://www.gruene-loerrach.de/03_pdf/krb_0905.pdf
Seiten: 1 - 2