Weitere Infos, Materialien:
Du,
Mann an der Maschine und
Mann in der
Werkstatt.
Wenn sie dir morgen befehlen,
du sollst keine Wasserrohre und keine Kochtöpfe mehr machen – sondern Stahlhelme und Maschinengewehre, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du, Forscher im Laboratorium. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst einen neuen Tod erfinden gegen das alte Leben, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du, Pfarrer auf der Kanzel. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst den Mord segnen, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Wolfgang Borchert
Draußen vor der Tür
Ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will.
Rowohlt TB, 2000
(Erstsendung als
Hörspiel am 13.02.1947)
Im Konkret Literatur Verlag Hamburg ist von Winfried Wolf das Buch Afghanistan, der Krieg und die neue Weltordnung erschienen.
Wenngleich nicht mehr aktuell, so doch geschichtlich interessant, tiefe Einblicke in die afghanische Mentalität:
Michener, James a. Karawanen der Nacht (nur noch antiquarisch über www.zvab.de erhältlich)
Lessing, Doris
Der Wind weht unsere Worte fort
Afghanische Betrachtungen
btb, 2002 (Erstveröffentlichung 1987, London)
Maillart, Ella
Der bittere Weg – Mit Annemarie Schwarzenbach unterwegs nach Afghanistan
Lenos Verlag, Bern, 2002
Zu Al Qaida gibt es etliche informative Bücher – siehe www.buchhandel.de
fuck the war
and also the taliban
Meine Liebe zum Militär war, trotz des freundlichen Herrn aus Stetten am kalten Markt, nicht gewachsen, dass Militärpolizisten gegen gewaltfreie Demonstranten gegen eine Militärausstellung in Lörrach losknüppelten, erhöhte nicht meine Sympathie, und so rief ich als Kreisgeschäftsführer der Grünen zur Einspinnaktion am Militärkrankenhaus im Isteiner Klotz ein. Die Menschen sollten so lange spinnen, bis der Moloch Militär zu einem friedlichen Schmetterling des Friedens sich verwandelt habe, aus dem Isteiner Klotz könne man doch ein Lager für die Winzer machen. Tucholskys "Soldaten sind Mörder" wurde auch mir nicht verziehen, und der Kommandierende von Pfahl stellte Strafanzeige – es kam zur Einstellung des Verfahrens, aber nicht zum Freispruch. Die Freiheit der Meinung sollte erst später das Bundesverfassungsgericht in gleicher Sache verkünden.
Grüne nahmen diese radikale Kriegsgegnerschaft mit Skepsis auf. Als ich in der ZITTIG fragte, wie lange der Militarist Marte noch bei den Grünen tragbar sei, hatte ich fast den Rest meines Sympathiebonus aufgebraucht, der Fall Eberle führte dann später zu meiner zeitweisen Suspendierung – aber das ist eine andere Geschichte. Und ich musste im Laufe meiner konfliktreichen Partnerschaft mit den Grünen feststellen, dass ihr Antimilitarismus ein strategischer war, er wollte und sollte immer dem Wähler gefallen. 1989 scheiterte ich damit, im Lörracher Kommunalwahlkampf ein Desserteurdenkmal zu fordern, und 1998 fiel mein Bekenntnis, Kriegsdienstverweigerern Asyl zu gewähren, der Meinungsschere zum Opfer.
Ich war der alte Kriegsgegner geblieben, solidarisch mit den Menschen, die leiden – aber meine Mitwelt wollte von all dem nicht mehr viel wissen. Die Atombomben waren nicht gefallen, die Nato war nicht aufgelöst, eine Alternative zum real existierenden Kapitalismus wurde für unmöglich erklärt, ATTAC war noch weit weg und der Eurozentrismus meiner Friedensfreunde war ungebrochen.
In den Achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts hatte es der Lörracher DGB-Vorsitzende Horst Stech noch abgelehnt, unsere Aktion für die polnische Solidarnocz zu unterstützen, jetzt fehlten mir die Mitstreiter für humanitäre Interventionen. Den Terror in Algerien schien niemand zu interessieren, das Abschlachten von Muslimen im fernen Jugoslawien brachte niemand auf die Strasse. Als die Welt dem Morden in Ruanda gelangweilt zusah – der dortige Kommandeur hatte gesagt, mit 5 – 6 Tausend Soldaten könne er das Morden verhindern, doch der letztjährige Friedensnobelpreisträger, einer der bestgekleideten Diplomaten dieser Welt, Kofi Annan, trommelte nicht für die gefährdeten Afrikaner und die Schutztruppe kam nicht zustande – 1,1 Millionen Tote – starrte ich nur noch in die Leere.
Wir begleiten einen der ersten Hilfstransporte nach Ruanda. Die Crossair bot für ihre Mitarbeiter immer mal Mitflugaktionen mit. Im Frachtraum von Passagierflugzeugen konnte man einen Drei-Tage-Trip unternehmen, just free, just for fun. Die vier Besatzungsmitglieder fuhren dieses Mal eine Wasseraufbereitungsanlage nach Goma. Die englische Hilfsorganisation Oxfarm hatte sie organisiert und zwei junge Mädchen von Oxfarm im Alter von zwei Jahrzehnten begleiteten diesen Flug. Misstrauisch beäugten sie uns, die wir nicht für die Rettung der Welt unterwegs waren. Ihre Unfreundlichkeit machte mich traurig, aber wir würden weiterfliegen, nach Nairobi, wir würden uns schönen Kaffee und Souvenirs kaufen, ich würde die grossen schwarzen Massai des Landes bewundern, ihre Freundlichkeit, würde es verwundert zur Kenntnis nehmen, wie es ist, als Weisser unter Schwarzen zu leben, alleine die Farbe, was das macht, man schwimmt nicht unter Gleichen, sondern ist anders, nur weil man farbig ist, sorry: weiss, es soll ja keine Farbe sein, also als farbloser unter schwarzen.
Ich döste ein und es träumte mir, mir gegenüber sässe der Dalai Lama und ich wachte auf und wusste, dass es gut war, was die Mädchen machten. In Goma sollte Wochen später dann auch eines der grössten Flüchtlingslager der Welt entstehen. Auf dem verschlafenen Flughafen des kleinen Städtchens trugen die Arbeiter die Waren aus dem Flugzeug – die modernen Verladeapparate, die wir später in Nairobi bestaunten, standen den Flüchtlingen und ihren Helfern nicht zur Verfügung. Verwundert nahmen die Menschen zur Kenntnis, dass ich kein französisch spreche – welch unbekannte Art von Mensch.
Mich macht das Nichtkümmern der Mitwelt sprachlos. Wo sind sie gewesen, die Friedensfreude in den Konflikten der letzten Jahre, sie, die Sensibilisierten für Gewalt, sind genau so gefangen in der abendländischen Sichtweise der Welt. Der Westen ist mit seiner Unterstützung von jedem kleinen Diktator unglaubwürdiger geworden, Menschenrechte sind weiss, europäisch, möglichst männlich und am liebsten christlich. Wehe dem Afrikaner, dem Asiaten, dem Lateinamerikaner, wenn er nicht in die Schablone passt.
So wurden auch ich und meine Frau Dagmar und Sohn Massimo zum Gegner. Er demonstrierte vor dem Bundesparteitag der Grünen gegen den ersten Krieg, den die Bundeswehr im Ausland führen sollte, ich beklagte seit Jahren, dass sie nicht eingreife.
Ich erwarte von einer Gemeinschaft, dass sie für die Schwachen, die Verfolgten, die Gedemütigten (Rudi Dutschke hat sie die Beleidigten genannt) eintritt. Dass sie sie schützt vor Übergriffen der Starken gegen die Schwachen. Dass sie die, die Unrecht begehen, verfolgt, verhaftet und verurteilt. Ohne Todesstrafe, ohne Standgerichte, ohne Steinigung mit kleinen Steinen (so die neuen Machthaber in Kabul zum neuen nach-Taliban-Strafverfahren). Ich will, dass die Weltgemeinschaft neben einem internationalen Strafgerichtshof für die Pinochets, Pol Pots und Kissingers dieser Welt auch eine ständige Eingreiftruppe hat, die stark genug ist, solche Genozide, wie in Ruanda zu verhindern.
Und ich erwarte von unserer deutschen Gesellschaft, dass sie dies unterstützt, dass hierfür Soldaten ausgebildet werden, dass hierfür Geld zur Verfügung gestellt wird. So wie ich erwarte, dass Deutschland endlich jene 0,7 Prozent für die Entwicklungshilfe ausgibt, den die industrialisierten Staaten einst versprachen. Damit Konflikte im Vorfeld gelöst werden, die Schere zwischen Arm und Reich nicht weiter zunimmt.
Ich rede nicht einer Militarisierung das Wort, ich bin gegen jene unsäglich Vemischung des Militärischen mit dem Humanitären, Armeen sind keine Hilfsorganisationen, Hilfsorganisationen müssen unabhängig bleiben, auch wenn sie immer wieder auf die Hilfe des Militärs angewiesen werden.
Ich bin für die Humanisierung des Militärischen. Eine deutsche Armee muss keine Streubomben haben, ein Verteidigungsminister, der sich darüber lächerlich macht und gar behauptet, von solch einer Munition wisse er nichts, ist untragbar für ein Land, das noch immer der viertgrösste Waffenlieferant dieser Welt ist. Anfang der Achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts warb ich für unsere Buchhandlung mit den Worten "Eine Gesellschaft ist nicht nur für die Qualität ihrer Panzer verantwortlich, sondern auch für die Qualität ihrer Ideen". Leider haben sie seitdem nur die Panzer verbessert, die Ideen sind arg in Mitleidenschaft geraten.
Von meiner Mutter weiss ich, wie mein Vater unter dem Krieg gelitten hat – als Soldat, wie er zurückkam aus russischer Kriegsgefangenschaft, gebrochen und wie er nie wieder das Lied des Krieges gesungen hat, so wie es jetzt viele tun in diesem,unserem Land, aber auch in vielen anderen. Ich habe seine Fotos gesehen, von Menschen, die aufgehängt wurden mit Schildern um den Hals, als Abschreckung, damals, vor 1945. Ich weiss von seinen Schmerzen, die er all die Jahre, wo wir uns kannten – es waren nur 16 – mit sich mittrug, dabei hatte er noch alle Körperteile, kein Arm fehlte, kein Bein. So weiss ich, dass der Dienst mit der Waffe nur ein freiwilliger sein kann, auch der in einer UN-Schutztruppe und dafür wünsche ich mir hochsensible, geistig wache Menschen, Frauen und Männer.
Sie sollen für diesen Dienst gut bezahlt werden und sie sollen geachtet werden von ihrer Mitwelt, denn sie sind die Schutztruppe unserer Zivilisation. Auch hierfür bitte ich meine Mitstreiter im Kampf gegen Atomkraftwerke (als Waffen – weg mit ihnen), im Kampf gegen Minen um Unterstützung.